„Der Funke kann die Ebene in Brand stecken, wenn vorher die Trockenheit am Werk war.“ Diese beinahe poetische Formulierung tauchte Anfang November in einem Leitartikel der linksliberalen Pariser Tageszeitung „Libération“ zu den Aufständen in den französischen Vorstädten auf, die die bisher gewalttätigsten in der Geschichte der Fünften Republik darstellen.
Und in der Tat: Die spezifische Problematik der französischen Vorstädte ist keineswegs neu. Die Banlieues im heutigen Sinne entstanden zwar erst am Ausgang des 19. Jahrhunderts rund um Paris. Der Begriff selbst ist aber bereits älter und bezeichnete im 17. Jahrhundert die „Bannmeile“ – so die wörtliche Bedeutung von ban-lieue –, also jene Zone rund um die größeren Städte, die ein mit Verbannung belegter Bürger oder Untertan nicht betreten durfte. Später jedoch änderte sich die Funktion dieses Gebiets. Von Revolutionsangst gepeinigt, teilten französische Bourgeoisie und Staatsmacht den Raum auf: Die „gefährlichen Klassen“, zu der damals neben dem Subproletariat auch die Industriearbeiterschaft zählte, wurden in einer Siedlungszone rund um die „eigentliche“ Stadt konzentriert.