Derweil die Staatsführer auf der internationalen Afghanistan-Konferenz in London über die Ausweitung der Truppenstärken feilschten, geriet in Deutschland ein anderes Thema aus dem Geheimbereich der Hinterzimmer in die Öffentlichkeit: nämlich die Forderung nach Wiedereinrichtung einer eigenen Kriegsgerichtsbarkeit. Was vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte bis vor kurzem noch als Tabu galt, wird jetzt unter anderem vom Bundeswehrverband, aber auch von zahlreichen Politikern, mit Nachdruck verlangt.
Angesichts schlimmer Erfahrungen im Kaiserreich war die Militärjustiz bereits 1919 abgeschafft worden. Nach ihrer Wiedereinführung durch die Nationalsozialisten sorgten die Alliierten im Jahre 1945 erneut für ihre Abschaffung. Der 1956 ins Grundgesetz eingefügte Artikel 96 eröffnete zwar bereits die theoretische Möglichkeit einer Wehrstrafgerichtsbarkeit. Angesichts des zu erwartenden öffentlichen Widerstandes scheute man aber schon die bloße Diskussion darüber.
Dennoch machten sich bald nach Gründung der Bundeswehr Juristen im Bundesjustiz- und Bundesverteidigungsministerium in aller Heimlichkeit an die Planung einer eigenständigen Militärjustiz.