Ausgabe Juni 2020

Vom Geheimdienst zur Polit-Mafia: Rumänien und der lange Schatten der Securitate

Protest gegen Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze in Bukarest am 2. Februar 2017

Bild: Protest gegen Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze in Bukarest am 2. Februar 2017 (imago images / ZUMA Press)

Ewigen Ruhm der rumänischen Revolution vom Dezember 1989 und ihren Helden“ – mit diesen Worten erinnert eine Gedenktafel auf dem Revolutionsplatz im Zentrum der rumänischen Hauptstadt Bukarest an die Gefallenen. Doch dreißig Jahre nach der blutigen Revolte, die über 1100 Menschen das Leben kostete und Osteuropas härteste Diktatur zerbrach, können sich die 18 Millionen Rumänen bei der Beurteilung der Ereignisse jenes gewaltträchtigen und folgenschweren Monats auf kaum mehr verständigen als auf eben diese wenigen, kargen Worte. Selbst der ehemals unangefochtene Glaubenssatz, dass es sich bei der Revolution um die stolze Stunde Null des heutigen, neuen Rumäniens handelt, hat seinen Nimbus verloren – und dies völlig zu Recht. Denn nach den chaotischen Jahrzehnten des rumänischen Übergangs zur Demokratie – nach massiven Säuberungsaktionen und zahllosen Wahlen, Cowboy-Kapitalismus und EU-Beitritt –, nach alledem stehen ausgerechnet die Erben der „Securitate“ als die siegreichen Überlebenden da: Rumäniens Geheimdienstelite, ein Netzwerk der grausamen Vollstrecker des ehemaligen kommunistischen Polizeistaats und ihrer Nachfolgegeneration, hütet die Vermögen ihrer Vorgänger und sorgt dafür, dass sie selbst dabei nicht zu kurz zu kommt.

Tatsächlich bleibt Rumänien ein Land, das über seine jüngste Vergangenheit bis heute erbittert streitet.

Juni 2020

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Mafiaboss im Weißen Haus

von Jonathan Rauch

Was genau macht Donald Trump gerade? Er hat die Effektivität seiner Regierung geschwächt, indem er an die Spitze wichtiger Behörden Personen gesetzt hat, die weder über die Fähigkeiten noch über den Charakter verfügen, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Massenentlassungen durch die Trump-Regierung haben den öffentlichen Dienst vieler seiner fähigsten Mitarbeiter beraubt.

Ukrainekrieg und Korruption: Unregierbares Bulgarien

von Jan Moritz Hillgruber

Bei aller berechtigten Aufmerksamkeit, die Schicksalswahlen wie jene in Frankreich auf sich ziehen, übersieht die politische Öffentlichkeit aktuell einen Urnengang, der ebenfalls Einfluss auf die künftige Ausgestaltung der europäischen Politik haben wird: die Parlamentswahlen in Bulgarien vom 9. Juni.

Katar und der korrumpierte Fußball

von Inga Hofmann

Eine Redewendung im Fußball lautet bekanntlich „Wenn der Ball erstmal rollt“. Sie trifft nicht zuletzt auf die Weltmeisterschaft in Katar zu. Dort wird derzeit das bislang teuerste Fußballfest ausgetragen – und zwar auf den Gräbern von mehr als 15 000 Arbeitsmigrant*innen, die seit der Vergabe der WM ihr Leben verloren haben.