Ausgabe Dezember 2022

Konterrevolution gegen den Kosmopolitismus

Der Hass auf Frauen, die Natur und das Andere

Teilnehmer bei einer Wahlkampfveranstaltung von Herschel Walker, republikanischer Kandidat für den US-Senat in Canton, Georgia, 10.11.2022 (IMAGO / ZUMA Wire)

Bild: Teilnehmer bei einer Wahlkampfveranstaltung von Herschel Walker, republikanischer Kandidat für den US-Senat in Canton, Georgia, 10.11.2022 (IMAGO / ZUMA Wire)

Bevor am 24. Februar der Ukrainekrieg begann, war unter Intellektuellen und Politiker*innen oft vom „Tod“ oder dem „Ende“ der Demokratie die Rede. In einem vieldiskutierten Buch analysierten beispielsweise die Politikwissenschaftler Daniel Ziblatt und Steven Levistky, „Wie Demokratien sterben“,[2] während der britische Philosoph David Runciman das „Ende der Demokratie“ prophezeite.[3] Doch der Wille des ukrainischen Volkes, seine eigene, von russischer Herrschaft freie, Zukunft zu bestimmen, zeigt paradoxerweise: In der heutigen Welt hat der Wunsch vieler Menschen, in einer Demokratie zu leben und ihr Leben selbst zu bestimmen, trotz der in breiten Kreisen des Westens verbreiteten Untergangsstimmung und Schwarzmalerei nicht nachgelassen.

Zu diesem Pessimismus hinsichtlich der Zukunft der Demokratie kommen die anhaltenden, von der Coronapandemie ausgelösten Ängste. Unsere Welt schien auf einmal geschrumpft zu sein: Das Virus war überall. Gleichzeitig wurden wir alle in unseren Privaträumen unter Quarantäne gestellt; Länder zogen ihre Zugbrücken hoch und machten ihre Grenzen zu Bollwerken gegen Gäste und Freund*innen, wehrten sich unterschiedslos gegen Geflüchtete und Migrant*innen. Mediengiganten wie Google, Facebook, Amazon, Instagram und Twitter beherrschten die Kommunikations- und Informationsflüsse, während sich die öffentlichen Plätze zusehends leerten.

»Blätter«-Ausgabe 12/2022

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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