1. Paul Rohrbachs "Orangentheorie" scheint nach acht Jahrzehnten Wirklichkeit geworden zu sein, sein Traum vom Zerlegen des osteuropäischen Großreichs "wie eine Orange", um die Vorherrschaft des Deutschen Reichs in jenen Territorien zu sichern. Als "Dekompositions"-Perspektive wurde sie im Ersten Weltkrieg Teil der offiziellen Außenpolitik und im Vertrag von Brest-Litowsk vom März 1918 von der Ostsee bis zum Kaspischen Meer für wenige Monate in brutaler Perfektion realisiert. Ja, sogar der Traum Hugenbergs, welcher im Gefolge Paul Rohrbachs und jener Außenpolitik im Sommer 1933 auf der Weltwirtschaftskonferenz in London die Loslösung der Ukraine von der Sowjetunion forderte (was selbst der Regierung Hitler damals als so unklug erschien, daß sie Hugenberg umstandslos als Reichswirtschaftsminister ablöste), scheint nunmehr Realität zu werden. Beides freilich geschieht unter wesentlich anderen Bedingungen als vor 60 oder 80 Jahren: a) Die Staaten der bisherigen Sowjetunion haben eine relative Industrialisierung, d.h. die Entwicklung weit höherer Produktivkräfte geleistet, als es seinerzeit der Fall war. b) Sie haben eine Staatsgewalt hervorgebracht, die im Hinblick auf äußere Macht- und Zerstörungsmittel auf dem höchsten Niveau hegt.
In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.