1. Paul Rohrbachs "Orangentheorie" scheint nach acht Jahrzehnten Wirklichkeit geworden zu sein, sein Traum vom Zerlegen des osteuropäischen Großreichs "wie eine Orange", um die Vorherrschaft des Deutschen Reichs in jenen Territorien zu sichern. Als "Dekompositions"-Perspektive wurde sie im Ersten Weltkrieg Teil der offiziellen Außenpolitik und im Vertrag von Brest-Litowsk vom März 1918 von der Ostsee bis zum Kaspischen Meer für wenige Monate in brutaler Perfektion realisiert. Ja, sogar der Traum Hugenbergs, welcher im Gefolge Paul Rohrbachs und jener Außenpolitik im Sommer 1933 auf der Weltwirtschaftskonferenz in London die Loslösung der Ukraine von der Sowjetunion forderte (was selbst der Regierung Hitler damals als so unklug erschien, daß sie Hugenberg umstandslos als Reichswirtschaftsminister ablöste), scheint nunmehr Realität zu werden. Beides freilich geschieht unter wesentlich anderen Bedingungen als vor 60 oder 80 Jahren: a) Die Staaten der bisherigen Sowjetunion haben eine relative Industrialisierung, d.h. die Entwicklung weit höherer Produktivkräfte geleistet, als es seinerzeit der Fall war. b) Sie haben eine Staatsgewalt hervorgebracht, die im Hinblick auf äußere Macht- und Zerstörungsmittel auf dem höchsten Niveau hegt.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.