Ausgabe Juli 1992

Kemalismus oder Fundamentalismus

Die modellpolitische Konkurrenz Türkei-Iran und die Zukunft der islamischen Welt

Ein tektonisches Beben zerreißt die politische Oberfläche zwischen dem Balkan und der chinesischen Grenze. Das Gefüge der Staaten, das im Gefolge des Ersten Weltkrieges geschaffen worden war, ist aufgebrochen (Jugoslawien; Sowjetunion) oder kommt zunehmend unter Druck (Länderdreieck Türkei Irak - Iran). Konflikte und Instabilität sind fürs erste die Folge und werden noch lange anhalten. Das Ausmaß an Gewalttätigkeit, von dem dieses Beben weithin begleitet wird, ist bezeichnend für das Ausmaß an Gewalt, mit dem die "heile Welt" der letzten Jahrzehnte erhalten wurde. Dabei geht es in der ganzen Region um nichts Elementareres, als daß sich Menschen selbst finden und zugleich politisch organisieren müssen. Im Hinblick darauf zeigen Nation und Nationalstaat gegenwärtig die größte Anziehungskraft. Die Suche nach einer eigenen Identität, verbunden mit der Neuzeichnung der politischen Landkarte, hat schon jetzt zur Herausbildung eines neuen politischen und kulturellen Großraums zwischen dem Bosporus im Westen und dem Hindukusch im Osten geführt - zwei Jahre, nachdem der Kollaps der Sowjetunion unabwendbar wurde. Mit dem Entstehen der Staaten zwischen Aserbaidschan und Kirgisien (die kleinen christlichen Staaten Georgien und Armenien nehmen eine Sonderstellung ein) ist zugleich die Frage der Ordnung der Beziehungen dieser neuen Staaten untereinander gestellt.

Juli 1992

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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