Spätestens am 8. Juli 1996 hat - völkerrechtlich gesehen - das nach-nukleare Zeitalter begonnen. An diesem Tag traf der Internationale Gerichtshof (IGH) 1) in Den Haag in einem von der UN-Generalversammlung eingeleiteten Gutachten-Verfahren nach Art. 96 Abs. 2 der UN-Charta eine Entscheidung 2), die für die internationalen Beziehungen, vor allem für die künftige Rolle von Atomwaffen, von großer Bedeutung sein kann. Die deutsche Tagesund Wochenpresse und die Fernsehanstalten haben darüber kaum berichtet - anders als etwa die britischen Zeitungen -, obwohl der Richterspruch für die hiesige Verteidigungs- und Sicherheitspolitik gravierende Auswirkungen haben müßte. Die Kernaussage lautet: Die Androhung des Einsatzes und der Einsatz von Atomwaffen verstoßen generell gegen das Völkerrecht und im besonderen gegen die Regeln des humanitären Kriegsvölkerrechts.
Das "World-Court-Project"
Daß es zu diesem Verfahren kam, ist zu einem wesentlichen Teil Ergebnis eines erfolgreichen Zusammenwirkens von Nichtregierungsorganisationen (NRO) sowie von Diplomaten und Regierungsvertretern aus "atomwaffenkritischen" Staaten, vor allem aus der Bewegung der Blockfreien. 3) Ausgangspunkt war eine "Startveranstaltung" am 14. und 15. Mai 1992 in Genf.