Die Gerüchte stimmten. Eine erschütternde Artikelserie des Afrikaspezialisten Patrick de Saint-Exupéry, erschienen in der französischen Zeitung "Le Figaro", dokumentiert endlich - 1998! Frankreichs Verstrickung in den ruandischen Völkermord vor vier Jahren. Saint-Exupéry zitiert Zeugenaussagen von Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen, von Beamten und von Soldaten, des weiteren auch Beweismaterial, das die Vereinten Nationen in Ruanda gesammelt haben. Hinzu kommen die Ende 1997 vorgelegten vernichtenden Ergebnisse, zu denen ein Untersuchungsausschuß des belgischen Parlamentes gelangte. (Belgien ist die frühere Kolonialmacht Ruandas.) Saint-Exupérys Report besagt, daß französische Truppen seit 1992 an vorderster Front aktiv - aber geheim - bei der Bekämpfung der Tutsi-Rebellen in Ruanda mitgewirkt haben. Während des Genozids 1994 waren sie präsent, griffen aber nicht ein. Vielmehr verhalfen sie den Initiatoren des Völkermords zur Flucht. Die Tutsi-Invasion Ruandas, die 1992 von ugandischen Boden aus begann, wurde von der Regierung des englischsprechenden Nachbarlandes unterstützt. Es war der Versuch der ethnischen Minorität (etwa 10% der Bevölkerung Ruandas), ein Land zurückzuerobern, das sie für den größten Teil der letzten beiden Jahrhunderte beherrscht hatte.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.