Ausgabe September 1998

Bürgerrechtliche Kosten der genetischen Rasterfahndung

"Der wohl bedeutendste Fortschritt in der Verbrechensbekämpfung seit Einführung der Daktyloskopie wurde mit der DNA-Analyse, dem sogenannten 'Genetischen Fingerabdruck' erzielt", so sieht es das Polizeipräsidium Wiesbaden in einer Verschlußsache vom 23. Januar 1997. Weiter heißt es in dem Geheimpapier: "Der Personenbeweis, insbesondere ein Geständnis, gestaltet sich im Ermittlungsverfahren zunehmend schwieriger, da der Tatverdächtige mehr und mehr von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht. Umso größere Bedeutung kommt daher bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit dem Sachbeweis zu." Mehrere aufsehenerregende Sexualstraftaten haben im Jahre 1998 die öffentliche Debatte um den genetischen Fingerabdruck und die Einrichtung einer zentralen Gen-Identifizierungsdatei entfacht. Sicherheitspolitiker fast jeder Couleur sowie die Sicherheitspraktiker der Polizei wußten die massenmedial aufgeheizte Stimmungslage zu nutzen und haben sich des Themas mit Inbrunst angenommen.

September 1998

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Gegen den Digitalzwang: Das Recht auf analoges Leben

von Leena Simon, Rena Tangens

In vielen Saunen gilt das Prinzip digital detox – digitale Entgiftung. Elektronische Geräte wie Smartphones, Tablets oder Computer sind dort nicht erlaubt, die Menschen sollen sich von deren übermäßiger Nutzung erholen. Was in den meisten Saunen normal ist, wird in der Außenwelt jedoch immer schwieriger.

Der maskierte Raub

von Naomi Klein

In der vielschichtigen Debatte über die schnelle Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) gibt es eine vergleichsweise obskure Auseinandersetzung um die „KI-Halluzinationen“. Auf diesen Begriff haben sich die Architekten und Förderer der generativen KI geeinigt, um Antworten von Chatbots zu bezeichnen, die völlig erfunden oder einfach falsch sind.