Ausgabe Februar 2003

Zuwanderungsgesetz: Die blockierte Reform

Mit seinem Urteil vom 18. Dezember 2002 hat das Bundesverfassungsgericht das Zuwanderungsgesetz wegen förmlicher Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz für nichtig erklärt. In diesem abstrakten Normenkontrollverfahren prüfte das Gericht nicht die Inhalte des Zuwanderungsgesetzes, sondern beurteilte ausschließlich die Verfassungsmäßigkeit des Abstimmungsverfahrens in der Sitzung des Bundesrates vom 22. März 2002. Der Streit über die Inhalte des Gesetzes muss nun neu geführt werden, damit die Mehrheit im Bundesrat verfassungsgemäß zustande kommen kann.

In der Berliner Republik ist ein Paradigmenwechsel der Politik, der den Gegebenheiten Deutschlands nach der Wiedervereinigung im Zeitalter von Europäisierung und Globalisierung bei gleichzeitigem Wachstumsstillstand entspräche, noch nicht gelungen. Der Streit um das Zuwanderungsgesetz könnte dazu beitragen, eine solche Politik inhaltlich zu formulieren und durchzusetzen. Gegenwärtig zeigt sich aber exemplarisch, wie im Ringen um neue Inhalte die großen politischen Parteien gleichermaßen unentschlossen und unkenntlich agieren. Gleichwohl wird es immer schwerer, einen Konsens zwischen ihnen zu finden. Das Fehlen inhaltlicher Neuorientierung in allen Parteien fördert nicht etwa den Konsens im Gesetzgebungsverfahren, sondern verlängert es.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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