Ausgabe Dezember 2004

Normale Arbeit anno 2004

Der Trend zu Prekarisierung und Niedriglohn

Mit Hartz IV und der aktuellen Mindestlohndiskussion ist die Debatte um den so genannten Niedriglohnsektor neu entbrannt. In der Tat wurde die Schaffung eines solchen Niedriglohnsektors zum direkten Ziel staatlicher Arbeitsmarktpolitik erklärt - ein Ziel, von dem man vorgeblich noch weit entfernt ist: Bereits jetzt hat BDI-Präsident Michael Rogowski zur Durchsetzung flächendeckender Niedriglöhne eine Absenkung des zukünftigen ALG II gefordert. Transfereinkommen an und unter der Armutsgrenze sind demnach die Mittel, mit denen Erwerbslose wie Beschäftigte dazu gezwungen werden sollen, Löhne an und knapp über der Armutsgrenze zu akzeptieren.

Doch auch wenn sie jetzt besonders virulent erscheint - die Verknüpfung von staatlichen Arbeitsmarktprogrammen mit der Thematik des Niedriglohns ist nicht neu. Seit den 90er Jahren begegnet einem diese Koppelung immer wieder. Aber so sehr die Verzahnung von staatlich organisiertem Arbeitsmarkt und Niedriglohn bei der Absenkung von ABM-Tarifen, staatlich organisierter Leiharbeit, Minijobs oder der sukzessiven Einführung der gemeinnützigen Arbeit auch auf der Hand liegen mag - die Konzentration auf diese Aspekte verbaut ein angemessenes Verständnis von Niedriglohnarbeit.

Zum einen wird darüber leicht übersehen, dass es in Deutschland seit langem einen "ganz normalen" Niedriglohnsektor gibt.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.