Ausgabe Januar 2007

Zitterpartie in Serbien

Oft wird der Begriff „Schicksalswahl“ überstrapaziert. Aber manchmal passt er eben auch – so wie für die kommenden Parlamentswahlen am 21. Januar in Serbien. Dieser Urnengang wird entscheidende Weichen für die Zukunft des Landes stellen. Gelingt Serbien die Konsolidierung des bisher unbefestigten Demokratisierungsprozesses, der mit dem Sturz Slobodan Miloševics im Oktober 2000 eingeleitet wurde? Oder droht eine neue Phase nationalistischer Mobilmachung mit destabilisierenden Folgen für den gesamten Balkan?

Wie im benachbarten Ungarn stehen sich auch in Serbien seit Jahren unversöhnliche politische Lager gegenüber. Auf der einen Seite finden sich die wirtschaftsliberalen, prowestlichen Kräfte, die eine Beschleunigung der marktwirtschaftlichen Transformation sowie eine schnelle Integration Serbiens in die Europäische Union und die transatlantischen Sicherheitsstrukturen anstreben. Angeführt wird dieses Lager von der Demokratischen Partei (DS), deren Listenführer der amtierende Staatspräsident Boris Tadic ist. Mit seinem betont modernen Auftreten repräsentiert der Psychologe, der die Nachfolge des im März 2003 ermordeten Parteigründers und Premierministers Zoran Djindjic antrat, vor allem die urbanen Mittelschichten. Nach Meinungsumfragen kann die DS auf gut 20 Prozent der Stimmen hoffen.

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt

von Micha Brumlik

Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben. Und doch waren es auch und nicht zuletzt eben jene Arbeiter und Arbeitslosen – und genau hier liegt das eigentliche Erschrecken für die Linke.