Der Erlaß der Verteidigungspolitischen Richtlinien *) Ende 1992 wird nicht zu Unrecht als ein Wendepunkt in der Aufgabenbestimmung der Bundeswehr angesehen. Das Eingreifen in Konflikte Dritter rückt in den Vordergrund 1). Es werde künftig auch darum gehen, schreibt Karl Feldmeyer, "gerechte Kriege zu führen" 2). Im Führungsstab der Streitkräfte heißt es: Erstmals habe auch Deutschland die Möglichkeit "durch aktive und gestalterische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Krisen auf Distanz zu halten" 3). Nach den Jahrzehnten des Wartens auf den Feind ist die Bundeswehrführung vom Drang zum Gestalten erfüllt. Mit der Bundeswehr als Instrument der Außenpolitik sollen die Spielräume des souveränen Deutschland erweitert werden 4). Aus dem Wortschatz der US-Militärstrategen ist der Begriff "Machtprojektion" entlehnt. Im Verständnis des Sicherheitsestablishments können durch Machtprojektion Handlungsoptionen zu Lasten anderer durchgesetzt werden. Wenn ein Staat über solche Fähigkeiten verfügt, kann er in seinem Interesse ordnend eingreifen. Eine solche Interventionsfähigkeit zu erlangen, ist Ziel der gegenwärtigen Bundeswehrplanung. Für die Bundeswehrführung ist es dabei von existentieller Bedeutung, ob sie für diese neue Auftragsbestimmung Akzeptanz in Politik und Gesellschaft findet.
In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.