"Warum so wenig über den Widerstand bekannt ist? Weil er gescheitert ist, weil das deutsche Volk nicht einmal den Versuch unternommen hat, Hitler zu beseitigen." Der das meint, Heinrich Graf von Einsiedel, hatte 1943 mit seinen Kampfgefährten vom "Nationalkomitee Freies Deutschland" (NKFD) vergeblich von Rußland aus zur Erhebung aufgerufen. Das bündige Urteil des Grafen geäußert auf einer Tagung mit dem Titel "Was aus Deutschland werden sollte: Konzepte des Widerstands, des Exils und der Alliierten" Ende Januar in Marburg - imitiert. War tatsächlich das Scheitern der Grund für Vergessen und Verdrängen des Widerstands? Den "Männern des 20. Juli 1944" jedenfalls hat der gescheiterte Versuch des Umsturzes gereicht, um in die offizielle Geschichtsschreibung der Bundesrepublik aufgenommen zu werden und gar der Identitätsstiftung zu dienen - während die Mitglieder des NKFD weiter als Verräter diffamiert werden und mehrere Zehntausend vom NS-Regime verurteilte Wehrmachtsdeserteure und "Wehrkraftzersetzer" (bzw. ihre Angehörigen) auf die Rehabilitierung warten. Reinhard Kühnl beschrieb im Eröffnungsreferat grundsätzliche "Schwierigkeiten, die Wahrheit über den Widerstand zu ermitteln".
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.