Hans Konings Artikel in dieser Ausgabe - über ein fortlebendes deutsches Verlangen nach verlorenen Besitztümern und Gebieten gibt Gelegenheit, sich an die Beständigkeit deutscher Sorgen zu erinnern - und daran, warum der Rest der Welt sich seit so langer Zeit dieser Sorgen wegen sorgt. - Mit diesen Worten begann jüngst ein Editorial des "Atlantic Monthly", das sich ausschließlich mit Koning, dem amerikanischen Erfolgsautor, der als Heranwachsender aus den deutsch besetzten Niederlanden geflohen und britischer Soldat geworden war, und seinem Thema des Monats befaßt - der unendlichen Geschichte namens Deutsche Einheit. Das liberale Monatsblatt aus Boston, gegründet 1857, erinnert: "Die Entwicklung des modernen deutschen Staates ... vollzog sich vollständig innerhalb der Lebenszeit des Atlantic Monthly, und immer wieder haben Autoren auf unseren Seiten die Konsequenzen nachgezeichnet." Nach anfänglicher Sympathie mit der Einigung, auch noch nach 1870/71, "wurden die Artikel innerhalb weniger Jahrzehnte entschieden bedenklicher, Würdigungen der wachsenden wissenschaftlichen, kulturellen und industriellen Macht Deutschlands traten hinter mahnende Erkundungen des 'deutschen Geistes(zustands)' (The German Mind) zurück.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.