Ausgabe Dezember 1996

Fortschritt durch Flexibilisierung?

Stand und Aussichten von Maastricht II

Vom 15. bis in das 20. Jahrhundert hinein prägte die janusköpfige, Fortschritt mit Barbarei verschmelzende Zivilisation nicht nur Europas eigene Geschichte sondern mittels kolonisierender Unterwerfung und kapitalistischer Weltwirtschaft auch die seiner Umwelt. Die Revolution in Wissenschaft, Technologie und Wirtschaft, so Eric Hobsbawm, "machte Europa ein paar Jahrhunderte lang zum Mittelpunkt und ein paar europäische Staaten zu den Herren der Welt." Und ebendiese Tatsache, so fährt er fort, bestimmt auch die Eigenart der europäischen Historie. "Ihr Gegenstand ist kein geographischer Raum oder menschliches Kollektiv, sondern ein Prozeß. Ohne die Verwandlung Europas und der Welt gäbe es keine zusammenhängende Geschichte Europas." 1)

Spielt Europa noch eine Rolle?

Mit der unübersichtlichen Weltlage der Nach-Nachkriegszeit konfrontiert, hält das nicht mehr in Blöcke gespaltene Europa an seiner Unfähigkeit zur politischen Selbstorganisation fest. Die Integration im Westen stagniert und birgt die Gefahr des Zerfalls. Der Ausbau paneuropäischer Institutionen wie der OSZE wurde von der Tagesordnung gestrichen. Die Absicht der NATO, zumindest Teile Osteuropas zu aufzunehmen, provoziert eine neue Ost-West-Spaltung.

Dezember 1996

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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