Vom Wandel durch Annäherung zur Osterweiterung aus Hilflosigkeit
Am 22. April 1997 fand auf Einladung des SPD-Ortsvereins Königswinter bei Bonn ein Treffen zwischen Egon Bahr, der kürzlich 75 Jahre alt wurde, und Günter Gaus statt. Im lockeren Gespräch der politischen Weggefährten wurden die allgemeine außenpolitische Konzeptlosigkeit, Probleme und mögliche Folgen der NATO-Osterweiterung und die neue Rolle Deutschlands diskutiert. Auch Vergangenes kam zur Sprache, wie etwa persönliche Erfahrungen mit Willy Brandt und Herbert Wehner und das Nachwirken alter Denkstrukturen des Ostwestkonflikts. Wir danken den Beteiligten für die freundliche Unterstützung bei der Erarbeitung dieser "Blätter"-Druckfassung des Gesprächs. D. Red.
Günter Gaus: Warum hat die SPD derzeit kein außenpolitisches Konzept?
Egon Bahr. Darauf gibt es mehrere Antworten. Die erste: Ich kenne zur Zeit kein Land und keine Regierung mit einem wirklich geschlossenen außenpolitischen Konzept, weil die Zeitenwende, die wir hinter uns haben, so elementar und tief ist, daß alle erst überlegen müssen: Wie kommen wir eigentlich mit der neuen Situation zurecht und was sollen wir anstreben? Ich kann bei den Amerikanern kein geschlossenes außenpolitisches Konzept erkennen obwohl die nun d i e Supermacht sind; ich seh' das nicht bei Rußland, ich seh' das nicht bei der Bundesregierung und bei der SPD seh' ich das auch nicht.