Ausgabe November 1997

Das Ende der Wohlfahrt, wie wir sie kannten

Ein Jahr Sozialhilfereform in den USA

Im August letzten Jahres setzte Präsident Bill Clinton eine Wohlfahrtsreform in Kraft, die das bisherige System sozialer Sicherung revolutioniert hat. Sie bedeutete den tiefgreifendsten Einschnitt in die Sozialgesetzgebung der Vereinigten Staaten seit 60 Jahren. Schon im Präsidentschaftswahlkampf 1992 hatte der damalige Gouverneur von Arkansas versprochen: "to end welfare as we know it". Im Laufe seiner ersten Amtsperiode verlor Clinton allerdings die Initiative über das Reformvorhaben an die Republikaner. Deren Gesetzesentwurf - der Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act of 1996 - trat am 22. August 1996 in Kraft, da Clinton glaubte, seine Wiederwahl zu gefährden wenn er, wie bereits im Januar, ein weiteres Mal sein Veto eingelegt hätte.

Mit der Reform hat der US-amerikanische Bundesstaat die seit dem New Deal bestehende Verantwortung für die Sozialhilfe an die Einzelstaaten abgegeben. Diese erhalten seitdem Pauschalzuweisungen des Bundes - die sog. block grants - und sind in der Gestaltung der Sozialhilfe fast völlig frei. Letztere wird - auf die gesamte Lebenszeit angerechnet - nur noch für fünf Jahre vergeben, mehr Zeit dürfen die Empfänger für die Summe der jeweiligen Übergänge ins Erwerbsleben nicht benötigen.

November 1997

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