Ausgabe Oktober 1998

Den Marktmechanismus planvoll nutzen?

Eine Reformperspektive für die blockierte Industriegesellschaft

Es ist noch nicht so lange her, da sprachen nicht nur die politischen Kräfte, die an die Macht drängten, sondern auch jene, die sie innehatten, vom notwendigen "sozialökologischen Umbau der Industriegesellschaft". Doch die 98er Verheißungen eines "Politikwechsels" nach der Bundestagswahl klingen ganz anders. Weder die angekündigten Sofortmaßnahmen noch die mittelfristigen Vorhaben - sei es die Einrichtung eines Niedriglohnsektors, die massive Förderung technischer Innovation (Synonym für "Jobmaschinen") oder die Senkung des Spitzensteuersatzes - vermitteln etwas von der (überholten?) Erkenntnis, die sich mit der alten "Umbau"-Forderung verband. Der Verzicht auf eine entschieden ökologische Politik sticht ins Auge, aber auch die Ansätze zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wirken erstaunlich bescheiden: Als wäre es tatsächlich schon die "Wiederkehr der Politik", wenn die offizielle Arbeitslosenmarke nicht bei 4,01, sondern bei 3,99 Millionen liegt. Als würde noch mehr Wachstum vielleicht doch ausreichend mehr Arbeitsplätze schaffen.

Oktober 1998

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.