Antworten auf Fragen zum 11. September 2001
Die Fragen, die Jürgen Habermas im folgenden beantwortet, formulierte Giovanna Borradori. Sie ist italienischer Herkunft, lebt in New York City und lehrt als Professorin für Philosophie am Vassar College. Sie hat einen bekannten, in mehrere Sprachen übersetzten Interview-Band „The American Philosopher“ herausgegeben. Das vorliegende Gespräch ist Teil eines ähnlichen, vom Verlag Laterza betreuten Vorhabens. – D. Red.
Giovanna Borradori: Betrachten Sie, was wir jetzt den „11. September“ zu nennen pflegen, auch als ein „beispielloses Ereignis“ – als ein Ereignis, das unser Selbstverständnis radikal verändert?
Jürgen Habermas: Lassen Sie mich vorweg sagen, dass ich Ihre Fragen aus einem Abstand von drei Monaten nach dem Ereignis beantworte. Es ist vielleicht gut, meinen eigenen Erfahrungshintergrund zu erwähnen. Seit Anfang Oktober habe ich in Manhattan wieder einmal ungefähr zwei Monate verbracht. Ich muss gestehen, dass ich mich dieses Mal in der „Hauptstadt des 20. Jahrhunderts“, die mich seit über drei Jahrzehnten fasziniert, irgendwie fremder gefühlt habe als bei jedem der früheren Aufenthalte.