Ausgabe September 2002

Nachhaltig in der Krise

Irrtümer rot-grüner Finanzpolitik

Viele Wähler der rot-grünen Bundesregierung erwarteten 1998, dass die Politik die gestalterische Dominanz gegenüber den Märkten zurückgewinne und nicht weiterhin den Erfüllungsgehilfen der Wirtschaft spiele. Trotz zum Teil deutlich unterschiedlicher Ausgangspositionen in den jeweiligen Wahlprogrammen vereinbarten SPD und Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Koalitionsvertrag1 zumindest im Bereich der Finanzpolitik ein Konzept, welches auf eine Gestaltung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse mit Hilfe staatlicher Politik setzt. Die dem gesamten Koalitionsvertrag vorange- stellten Ziele „Arbeit, Umwelt, soziale Gerechtigkeit“ wurden im Bereich der Finanzpolitik konzeptionell recht gut umgesetzt und hätten daher durchaus das Etikett „Nachhaltigkeit“ verdient. Die Instrumente waren auf den ökolo- gischen Umbau und damit auf die Vorsorge für künftige Generationen und soziale Gerechtigkeit ausgerichtet. Wohl unter dem Druck wirtschaftlich mächtiger Interessengruppen, aber auch durch pragmatische Anpassung an den marktoptimistischen Zeitgeist verlor in der nachfolgenden Regierungspraxis der im Koalitionsvertrag konzipierte Neuanfang jedoch an Kraft. Der zunächst noch zögerlich begonnene Abschied von einer sozial und ökologisch gestaltenden Finanzpolitik ist inzwischen vollzogen.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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