Ausgabe November 2004

Preußen gegen Polen

Die deutsch-polnischen Beziehungen haben in der Nachkriegsgeschichte schon bessere Zeiten erlebt. Nicht nur vereinzelt wird die Ansicht vertreten, dass sie derzeit einen neuen Tiefpunkt erreicht haben. Abgesehen von außenpolitischen Differenzen, die oft aus divergierenden Interessen resultieren, werden sie erheblich von der Problematik der gegenseitigen Entschädigungsforderungen und der Debatte um das Zentrum gegen Vertreibungen überschattet. Trauriger Höhepunkt der Streitigkeiten war der jüngste Beschluss des polnischen Sejm zu deutschen Reparationsleistungen, der in der deutschen Presse umgehend als eine "Überreaktion", "polnische Provokation" oder als "politisch dumm" bezeichnet wurde.

Mittlerweile ist die paradoxe Situation entstanden, dass sich die beiden Nachbarstaaten, die sich selbst als strategische Partner in der Europäischen Union bezeichnen, aufgrund der Untätigkeit ihrer Eliten von Randgruppen und populistischen Bestrebungen regelrecht überrollen lassen. Ich werde an dieser Stelle vor allem die polnische Seite beleuchten.

Am 10. September fasste der polnische Sejm einen Beschluss "In der Angelegenheit polnischen Anrechts auf deutsche Kriegsreparationen und in der Angelegenheit der rechtswidrigen Ansprüche, die gegenüber Polen und seinen Bürgern in Deutschland erhoben werden". Dieser Beschluss wurde, was im polnischen Sejm keineswegs üblich ist, einstimmig verabschiedet.

Sie haben etwa 13% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 87% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema Recht

Die Wehrpflicht gleicher Bürger

von Sven Altenburger

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in Deutschland eine intensive Debatte über die Notwendigkeit einer Wehrpflicht ausgelöst. Dabei werden die ideengeschichtlichen Grundlagen der Wehrpflicht von ihren Gegnern regelmäßig verkannt, nämlich Republikanismus und Egalitarismus.

Frieden durch Recht

von Cinzia Sciuto

Am Anfang stand der 11. September 2001. Danach wurde die Lawine losgetreten: Ein langsamer, aber unaufhaltsamer Erdrutsch erfasste die internationale rechtliche und politische Ordnung. Ein Erdrutsch, der nach und nach die supranationalen Institutionen und die stets fragile, aber nie völlig illusorische Utopie einer friedlichen und auf dem Recht basierenden Weltordnung tief erschüttert hat