Ausgabe September 2005

Europas letzte Chance: Kosmopolitismus von unten

Europa steckt in der Krise: institutionell, wirtschaftlich und politisch – und das nicht erst seit den gescheiterten Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden. Europa hatte sich längst zuvor in eine Sackgasse manövriert. Mit dem Maastrichter Vertrag war es zu Beginn der 90er Jahre zwar gelungen, die wirtschaftliche Integration weitgehend zu vollenden, über die gleichzeitig angestrebte politische Integration konnte aber weder in Maastricht (1991), noch mit den Verträgen von Amsterdam (1997) und Nizza (2000) eine Einigung erzielt werden. Seit Maastricht wird die Europapolitik nicht durch politische Projekte und strategische Visionen geprägt, sondern durch die immer unverdaulicheren Überbleibsel der noch immer unvollendeten politischen Integration.

Die Malaise des europäischen Projekts erfolgt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die Ökonomien der meisten Mitgliedstaaten stagnieren; die Arbeitslosigkeit ist unverändert und inakzeptabel hoch; die Verschuldung der öffentlichen Haushalte nimmt weiter zu. Inzwischen gelingt es immer weniger Mitgliedstaaten der EU, die Stabilitätskriterien des Maastrichter Vertrages zu erfüllen. Und die politischen Reaktionen auf diese Schwierigkeiten sind durchaus typisch.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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