Ausgabe September 2005

Islam und Toleranz

Mit Berufung auf die christlich-abendländische Tradition, die Aufklärung und ihre jüngste Geschichte fordert die westliche Welt Toleranz: Toleranz gegenüber abweichenden Lebensstilen, Meinungen und religiösen Überzeugungen. Sie fordert sie von sich und den anderen. Seit einiger Zeit ist allerdings auch von den Grenzen der Toleranz die Rede, die denen aufgezeigt werden müssten, die sie selbst nicht achteten. An prominenter Stelle stehen hier der Islam und die Muslime, deren Verhältnis zu Toleranz im Allgemeinen und religiöser Toleranz im Besonderen, so könnte man meinen, in besonderer Weise klärungsbedürftig, wenn nicht belastet ist.

Tatsächlich ist das Thema ausgesprochen kontrovers: Sehen die einen den Islam als Religion der Toleranz schlechthin, kritisieren andere den Fanatismus der Muslime, die die Ungläubigen "mit Feuer und Schwert" bekämpften und Nicht-Muslime bestenfalls als "Bürger zweiter Klasse" zu tolerieren bereit seien. Beide Seiten argumentieren mit der Schrift, beide verweisen auf die Geschichte: "Goldene Mythen" erzählen von Zeiten friedvollen Zusammenlebens und hoher kultureller Blüte im umayyadischen Spanien (al-Andalus), fatimidischen Ägypten oder dem Bagdad der 1920er Jahre.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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