Ausgabe April 2006

Die Lufthoheit der Grundrechte

Seit dem 11. September 2001 und den darauf folgenden Antiterrorgesetzen hat sich der staatliche Sicherheitsbegriff stark verändert. Die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit wurden und werden zunehmend aufgehoben. Diese Veränderungen manifestieren sich auch in der bundesdeutschen Gesetzgebung. Am deutlichsten wurde diese Tendenz im Luftsicherheitsgesetz, das am 15. Januar 2005 in Kraft trat.

§ 14 Absatz 3 LuftSiG enthielt eine Abschussermächtigung für die Bundeswehr, wenn davon auszugehen war, dass ein Flugzeug als Waffe gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden sollte. Der Bundesminister der Verteidigung, der den Befehl zum Abschuss gibt, erhielt damit das Recht, Leben gegen Leben abzuwägen. Zum ersten Mal wurde damit das Leben unbeteiligter Dritter der Gefahrenabwehr geopfert. Auch die Trennung von polizeilichen und militärischen Aufgaben wurde bei dieser Gelegenheit aufgegeben. Dabei sieht Art. 87 a Grundgesetz eindeutig vor, dass Streitkräfte außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden dürfen, soweit es das Grundgesetz ausdrücklich zulässt.

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