Vom Reichstagsbrand zum NS-Regime
Über kaum ein Ereignis des letzten Jahrhunderts haben die deutschen Historiker so intensiv und erbittert gestritten wie über die Urheberschaft für den Reichstagsbrand in der Nacht zum Rosenmontag des Jahres 1933. Nun hat die Bundesanwaltschaft, fast 75 Jahre später, das Todesurteil gegen den Holländer Marinus van der Lubbe aufgehoben, da die Verhängung der Todesstrafe auf zwei „spezifisch nationalsozialistischen Unrechtsvorschriften“ beruhte. Sie seien geschaffen worden, um das nationalsozialistische Regime durchzusetzen, und ermöglichten Verstöße gegen „Grundvorstellungen von Gerechtigkeit“.1
Am 23. Dezember 1933 hatte das Reichsgericht in Leipzig Marinus van der Lubbe zum Tode verurteilt; am 10. Januar 1934 wurde die Hinrichtung vollzogen. Die vier kommunistischen Mitangeklagten – der damalige Vorsitzende der KPD-Reichstagsfraktion Ernst Torgler, der Leiter des westeuropäischen Büros der Kommunistischen Internationale Georgi Dimitroff sowie die bulgarischen Kommunisten Wassil K.H. Taneff und Blagoi S. Popoff – waren vom Tatvorwurf freigesprochen worden.