Ausgabe August 2009

Revolution und Anti-Politik. Reflexionen über 1989

Zwanzig Jahre nach den revolutionären Umbrüchen von 1989/90 stellt sich die Frage nach der welthistorische Bedeutung der Ereignisse. Eine Frage, die noch immer schwer zu beantworten ist. Eines jedoch steht fest: Vor 1989 hat niemand den Umsturz des alten Systems erwartet. Nachdem er einmal stattgefunden hatte, schien dagegen jeder seine eigene Erklärung dafür zu haben, warum der Zusammenbruch des Staatssozialismus unvermeidlich gewesen war.

Dass niemand den Umbruch erwartet hat, bedeutet jedoch nicht, dass niemand den Wunsch nach Veränderung oder sogar nach radikalem und systemischem Wandel gehabt hätte. Und die Tatsache, dass jedermann dachte, ihn im Nachhinein zu verstehen, bedeutet nicht, dass man ihn eigentlich im Vorhinein hätte verstehen können. Das ist die Natur von Politik: Es gibt keine Gewissheit ihrer Ergebnisse, selbst wenn im Nachhinein betrachtet alles vorherbestimmt gewesen zu sein scheint, sogar die Revolution. Denn der Augenschein kann trügerisch sein.

Um die Bedeutung der Umbrüche von 1989 herauszuarbeiten, möchte ich sie in einen breiteren historischen Zusammenhang stellen, der mit der Amerikanischen und der Französischen Revolution begann (die ihrerseits Teil einer größeren Bewegung waren, welche R. R. Palmer in seiner klassischen Studie von 1959 als „The Age of Democratic Revolution“ beschrieben hat).

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (3.00€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Klasse statt Identität

von Lea Ypi

Die Aufklärung wird heutzutage oft geschmäht, sowohl von rechts als auch von links. Von der Rechten, weil kritisches Reflektieren, der Mut, sich seines Verstandes zu bedienen (Kant), schon immer eine Bedrohung für die passive Unterwerfung gegenüber Autorität bedeutet hat, die für die Normalisierung von Ausgrenzungen erforderlich ist.

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.

Aliens unter uns?

von Ferdinand Muggenthaler

Es war ein dramatischer Appell an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Donald Trump, der Ende März in der „New York Times“ erschien. Es ging dabei jedoch nicht um die Klimakrise oder eine Friedenslösung für die Ukraine. Stattdessen forderte der Kommentator Thomas L. Friedman die beiden mächtigen Männer auf, die Künstliche Intelligenz einzuhegen.

Spanien: Das Land der armen Mieter

von Julia Macher

Es gibt nicht viele Themen, die in ganz Spanien Menschen auf die Straße bringen. Landesweite Demonstrationen prägen in der Regel den Weltfrauentag am 8. März, ansonsten vereint wenig das heterogene und politisch hochpolarisierte Land. Eine Ausnahme bildet das Thema Wohnraum.