Ausgabe Dezember 2009

Koalition der ökonomischen Unvernunft

Was der Wahlsieg von Angela Merkel und Guido Westerwelle für die Kapitalstarken dieser Gesellschaft bedeutet, ließ sich umgehend an den Börsen ablesen. Bereits am Tag nach der Wahl signalisierte ein deutlicher Kurssprung die Hoffnung auf eine angeblich „wirtschaftsfreundlichere Politik“ im Sinne der FDP. Vor allem jene aktiennotierten Unternehmen, die sich bisher durch eine ökologisch regulierende Politik gegängelt fühlten, gehören zu den Gewinnern. Im Kursanstieg der Energiemonopolisten Eon und RWE wurde umgehend die Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken eingepreist. Solarunternehmen wurden dagegen abgestraft, denn die FDP drohte mit der Senkung der staatlich fixierten Energieeinspeisung. Die angekündigte Privatisierung des Gesundheitssystems ließ schließlich jene Unternehmen an der Börse glänzen, die mit der Gesundheit bzw. Krankheit ihrer „Kunden“ viel Geld verdienen.

All diese Wachstums- und Gewinnerwartungen sind jedoch fiskalpolitisch auf teuren Sand gebaut. Die neue Bundesregierung übernimmt mit voraussichtlich mehr als 86 Mrd. Euro in diesem Jahr die bisher höchste Neuverschuldung des Bundes – mit massiv steigender Tendenz. Die Ursachen dafür sind eindeutig: Der Absturz der Wirtschaft mit über fünf Prozent in diesem Jahr hat riesige Löcher in die öffentlichen Haushalte gerissen.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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