Ausgabe November 2012

Lebendige Demokratie: Die Zukunft der EU

Als das Norwegische Nobelkomitee am 12. Oktober der Europäischen Union den diesjährigen Friedensnobelpreis zuerkannte, wünschte es den Blick auf das zu lenken, was es als deren wichtigste Errungenschaft ansieht, nämlich „den erfolgreichen Kampf für Frieden und Versöhnung, für Demokratie und Menschenrechte.“ Gleichzeitig wurde damit deutlich, wie sehr Anspruch und Wirklichkeit der EU derzeit auseinanderklaffen. Nicht zuletzt das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat noch einmal eindringlich gezeigt, dass es sich bei der Krise der Europäischen Gemeinschaft längst auch um eine Demokratiekrise handelt. Die Antwort darauf, so die Rechtswissenschaftler Claudio Franzius und Ulrich K. Preuß, kann jedoch nicht in einer Rückkehr zu den alten Nationalstaaten liegen, sondern nur in einer Verbindung der beiden Wurzeln der europäischen Demokratie: der kollektivistisch-substanziellen wie der individualistisch-menschenrechtlichen. Nur ein Modell, das zwischen den beiden Polen liegt, wäre seinem Charakter nach die für Europa erforderliche „lebendige Demokratie“ – D. Red.

 

Die Europäische Union ist eine Rechtsgemeinschaft, so hat es der erste Kommissionspräsident Walter Hallstein visionär formuliert.

November 2012

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