
Bild: Papyrossa Verlag
Wenn sich bundesdeutsche Medien oder Publikationen mit aktuellen politischen Entwicklungen in Lateinamerika beschäftigen, wird früher oder später der Begriff „Linksruck“ bemüht. Tatsächlich kamen in den vergangenen Jahren in immer mehr Ländern des Subkontinents Politiker und Parteien des linken Spektrums an die Macht. Doch eine Differenzierung wird hierzulande nur selten vorgenommen. An einem monographischen Gesamtüberblick über diesen kontinentalen politischen Trend fehlte es in der deutschen Literatur bislang gänzlich. Den hat jetzt Dieter Boris vorgelegt, emeritierter Soziologie-Professor der Universität Marburg und jahrzehntelanger Lateinamerika-Kenner.
Boris’ Buch „Bolívars Erben. Linksregierungen in Lateinamerika“ ist ein Plädoyer für einen differenzierteren Blick auf den Subkontinent und die dortigen politischen Entwicklungen: In einigen Ländern wurde der Präsidentenwechsel durch teils gewaltsame Massenbewegungen erzwungen, wie in Argentinien 2001 oder in Ecuador im Jahr 2000. Andernorts, wie beispielsweise in Bolivien oder Venezuela, gelangten Linkspolitiker mittels regulärer Wahlen an die Macht. Das Spektrum auf dem Kontinent reicht von einem „sozialstaatlich gezügelten Kapitalismus“ in Brasilien oder Uruguay bis hin zu grundlegenden Umwälzungen, die einen „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ anstreben.