Ausgabe März 2016

Scham und Charity

Nachdem sich der Rauch um den Berlinale-Rummel verzogen hat, gilt es, Bilanz zu ziehen. Das aber fällt dieses Mal besonders leicht. Denn der größte Dank gebührt heute einer Organisation, die eigentlich gar nicht dazugehört, wie Berlinale-Chef Dieter Kosslick nicht müde wird zu erklären, nämlich „Cinema for peace“.

Gegründet nach den Anschlägen vom Elften September 2001, veranstaltet dieser „Zusammenschluss von Philanthropen“ große Charity-Events, darunter die alljährliche „Cinema for Peace Gala Berlin“, deren Erlös stets einem guten Zweck zukommt.

Gewiss, mag man sich nun denken, eigentlich kein besonderes Ereignis. Und in der Tat, jedes Großevent kennt heute diese Form des modernen Ablasshandels. Die ganze Party-Meute der A-, B- und C-Promis versammelt sich zu einem guten Zweck, damit man danach so richtig mit gutem Gewissen weiterfeiern kann. Eigentlich eine bessere Motto-Party – aber immer mit dem Anspruch, ungemein politisch und auf der Höhe der Zeit zu sein. Dementsprechend musste das Motto der diesjährigen Sause natürlich die Fluchtkatastrophe sein. Und hier galt offensichtlich die Devise: So groß wie der Schrecken, so groß auch die Schamlosigkeit.

Für die richtige Einstimmung sorgte bereits der unvermeidliche Ai Weiwei.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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