Ausgabe Februar 2021

Bergkarabach: Die Neuordnung des Kaukasus

Ein Mann geht an einem Haus vorbei, das bei Zusammenstößen im Bezirk Tartar an der Grenze zur Region Berg-Karabach beschädigt wurde, 29.9.2020

Bild: IMAGO / Xinhua

Zwei Monate lag der Beginn der Waffenruhe zwischen Armenien und Aserbaidschan zurück, da lud Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem Treffen nach Moskau. Am 11. Januar begegneten sich dort erstmals wieder der armenische Premierminister Nikol Paschinjan und der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew wieder, nachdem sie sich zuletzt im Februar 2020 bei der Münchner Sicherheitskonferenz öffentlich einen Schlagabtausch geliefert hatten. Beide wiederholten dort die bekannten, sich widersprechenden historischen Narrative, wonach das umstrittene Gebiet Bergkarabach Bestandteil der jeweils eigenen Nationalgeschichte sei. Schon damals zeichnete sich ab, dass die Konfliktparteien auf einen Krieg zusteuerten. Dieser brach am 27. September tatsächlich aus und währte 44 Tage, mehr als 5000 Menschen verloren dabei ihr Leben.[1] An der eisigen Stimmung zwischen Paschinjan und Alijew hat sich nach dem Waffenstillstand nichts geändert, sie prägte auch das Treffen mit Putin in Moskau.

Doch über alle Konfliktpunkte hinweg legten die drei Politiker nach ihrem Gespräch eine ambitionierte Erklärung[2] vor, die zu einer Neuordnung der Region führen kann – wenn sie ihre Interessen in Einklang bringen, gemeinsam mit der Türkei als weiterer Regionalmacht im Südkaukasus. Es handelt sich um die Wiederbelebung der Wirtschafts- und Verkehrsrouten, die seit dem ersten Krieg um Bergkarabach zu Beginn der 1990er Jahre blockiert sind.

Februar 2021

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