Bild: Wahlplakate in Algier, 6.6.2021 (IMAGO / NurPhoto)
Mit der vorgezogenen Parlamentswahl wollte der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune, Nachfolger des vor zwei Jahren aus dem Amt gejagten Abdelaziz Bouteflika, dem alten Regime neue Legitimität einhauchen. Doch schon am Nachmittag des Wahltags am 12. Juni 2021 ließ Tebboune verlauten, die Höhe der Wahlbeteiligung interessiere ihn nicht im Mindesten. Was war das? Die gewohnheitsmäßige Arroganz der Macht, die sich in dem nordafrikanischen Land nie groß um demokratische Legitimität bemüht hatte? Oder schiere Hilflosigkeit seitens eines längst entzauberten Machthabers, der nach dem Sturz Bouteflikas 2019 selbst von weniger als einem Drittel der Bevölkerung gewählt worden war, seine Autorität also auf lediglich fünf Millionen Stimmen einer Wahlbevölkerung von 24 Millionen stützt?
Die Wahlbeteiligung, am Nachmittag des Urnengangs noch auf 30 Prozent aufgehübscht, landete am Ende bei 23 Prozent, dem niedrigsten Stand seit der Unabhängigkeit der ehemaligen französischen Kolonie 1962. Über eine Million Stimmen waren zudem für nuls, für ungültig gewählt worden. Tatsächlich war das Vorhaben des Präsidenten nach den bereits seit über zwei Jahren andauernden Straßenprotesten der sogenannten Hirak-Bewegung von vornherein zum Scheitern verurteilt.