Wie die Finanzindustrie den autoritären Liberalismus stärkt

Bild: Wolkenkratzer in der City of London (IMAGO/Cavan Images)
Wenn wir über die Verknüpfung von „Kapitalismus und Ressentiment“ sprechen – also über das, was Günther Anders „Affektmodellierung“ nennt – , dann ist zunächst daran zu erinnern, dass der Begriff des Kapitalismus, wie er sich seit Ende des 19. Jahrhunderts formiert, nicht einfach auf ein Wirtschaftssystem bezogen wurde. Er umfasst bei Max Weber oder Werner Sombart vielmehr ein Konglomerat aus heterogenen Bestandteilen, zu denen neben Produktionsweisen, Eigentumsverhältnissen, Geschäftspraktiken, Rechtssystemen und politischen Institutionen eben auch gewisse Mentalitäten gehören. Von der Wirtschaftsgeschichte bis hin zur Kritischen Theorie wurde die irrationale Rationalität kapitalistischer Gesellschaften in den Blick gerückt. Und vor diesem Hintergrund erscheint es bemerkenswert, wie bereits in der frühen Neuzeit ein Resonanzraum beschrieben wurde, in dem Marktprozesse und unternehmerische Betriebsamkeit mit der Formierung neuer Affektökonomien verknüpft waren.
So wurde die Gestalt eines ökonomischen Menschen nicht nur als kleine Insel der Rationalität vorgestellt, von der aus man – wie einst Robinson Crusoe – eine unübersichtliche Welt nach den Kriterien von Nutzen und Nachteil zu ordnen vermag. Vielmehr hat sich ein anthropologischer Umbruch vollzogen, mit der sich das gesellige Tier, das alte zoon politikon, zu einem wenig verträglichen Wesen wandelte.