Ausgabe September 2023

Der Kampf ums Elterngeld: Familienpolitik als Standortfaktor

Frau mit drei Kindern, Bonn, 6.1.2023 (IMAGO / photothek / Ute Grabowsky)

Bild: Frau mit drei Kindern, Bonn, 6.1.2023 (IMAGO / photothek / Ute Grabowsky)

Der Fünfte Familienbericht der Bundesregierung bescheinigte Deutschland im Jahr 1991 eine massive „strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Leben mit Kindern“.[1] Gut dreißig Jahre später trifft diese unmissverständliche Einschätzung der damaligen Sachverständigenkommission noch immer zu: Obwohl das Budget des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ohnehin lediglich 2,8 Prozent des Gesamthaushalts ausmacht, forderte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für den Bundeshaushalt 2024 ausgerechnet von Familien- und Gleichstellungsministerin Lisa Paus (Grüne) massive Kürzungen von insgesamt 500 Mio. Euro. Per Brief gab er ihr die Empfehlung, auch beim Elterngeld einzusparen. Um derart rigorose Kürzungsvorgaben zu erfüllen, hat die Ministerin verschiedene Varianten durchrechnen lassen und entschied sich letztendlich, die Grenze für den Bezug von Elterngeld in Zukunft von 300 000 auf 150 000 Euro zu versteuerndem Einkommen abzusenken. Das würde immerhin knapp 300 Mio. Euro der geforderten Einsparungen bringen und lediglich die obere, einkommensstarke Schicht der Bevölkerung (maximal fünf Prozent) betreffen.

Stattdessen die Höhe des monatlichen Elterngeldes für alle zu kürzen, hielt Paus sozialpolitisch nicht für vertretbar, zumal im Koalitionsvertrag erstmals seit dessen Einführung 2007 eine Dynamisierung angekündigt worden war, um das Elterngeld der Inflation anzupassen.

»Blätter«-Ausgabe 9/2023

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Globales Elend und die Diktatur der Superreichen

von Ute Scheub

Sie düsen in Privatjets um die Welt, um Immobilien und Konzernketten an sich zu reißen. Sie kaufen ganze Landschaften und Inseln, um sich dort im größten Luxus abzukapseln. Sie übernehmen Massenmedien, um sich selbst zu verherrlichen und gegen Arme und Geflüchtete zu hetzen.