Ausgabe Dezember 2023

»Die Wahrheit muss an den Tag«

Was die 89er-Revolution mit Iran und Nahost verbindet

Bei einer Demonstration zum Todestag Mahsa Jina Aminis in New York, 16.9.2023 (IMAGO / ZUMA Wire / Gina M. Randazzo)

Bild: Bei einer Demonstration zum Todestag Mahsa Jina Aminis in New York, 16.9.2023 (IMAGO / ZUMA Wire / Gina M. Randazzo)

Wie sehr wünschte ich, ich wäre heute bei Ihnen – aber ich kann derzeit Kairo nicht verlassen, weil die Region, in der ich als Korrespondentin für das ZDF arbeite, seit Samstag noch labiler geworden ist. Weil der Terror der Hamas leider viele Wellen schlagen kann. Gute Nachrichten sind rar hier. Umso mehr freute ich mich, als – einige Stunden vor dem Grauen dieses Terrorangriffs – der Friedensnobelpreis verkündet wurde. Die iranische Bürgerrechtlerin Narges Mohammadi berichtet aus der Haft, dass sie und viele Frauen den Preis als Zeichen der Ermutigung feierten, mit Freudentränen in den Augen, dass sie lachten und Lieder sangen. Es gibt ein Lied, das alle Iranerinnen und Iraner singen, wenn sie von verlorenen und noch nicht verlorenen Hoffnungen erzählen wollen.

 

Vogel der Morgendämmerung, sing und klage! Erneuere meinen

brennenden Schmerz! Zerschlage diesen Käfig mit deinem Wehklagen!

Du Nachtigall mit zusammengedrückten Flügeln, komm´ aus der Ecke

deines Käfigs heraus – und sing das Lied der Freiheit für die Menschheit!

[…] Oh Gott, Oh Universum, Oh Natur – lasset die Dämmerung unsere

dunkle Nacht beenden! 

 

Es war wohl kein Zufall, dass die erste Frau, die in der Öffentlichkeit unverschleiert auftrat und sang, als erstes ausgerechnet dieses Lied sang. Das war 1924. Aber das Ende der Nacht, das sie beschwor, ist noch nicht gekommen.

»Blätter«-Ausgabe 12/2023

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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