Ausgabe März 2024

Das Ende eines Erfolgsmodells

Der fossile Wohlfahrtsstaatskapitalismus und die Gewerkschaften

Frachtschiffe auf dem Rhein bei Rheinberg, im Hintergrund das STEAG Kohlekraftwerk Duisburg Walsum, 12.2.2024 (IMAGO / Jochen Tack)

Bild: Frachtschiffe auf dem Rhein bei Rheinberg, im Hintergrund das STEAG Kohlekraftwerk Duisburg Walsum, 12.2.2024 (IMAGO / Jochen Tack)

Die Bauern gehen auf die Straße, die LKW-Fahrer schließen sich an, derweil bei hoher Inflationsrate die Firmeninsolvenzen zunehmen und sich die Klimakrise immer weiter verschärft. Für all diese höchst disparaten Phänomene hat sich der Begriff der Vielfach- oder Polykrise eingebürgert. Was aber macht den Kern dieser Krise der gegenwartskapitalistischen Gesellschaften aus?

Vieles spricht dafür, dass der Kern darin besteht, dass ein gesellschaftliches Entwicklungsmodell unweigerlich an seine Grenzen stößt. Dieses Modell wird zumeist als ausgebauter Sozialstaat bezeichnet. Aber diese Bezeichnung springt zu kurz. Zielführender ist es, nicht lediglich vom ausgebauten Sozialstaat, sondern vom Modell des fossilen Wohlfahrtsstaatskapitalismus zu sprechen. Und eben dieser scheint gegenwärtig an sein Ende zu gelangen.

Der Begriff des Wohlfahrtsstaatskapitalismus geht auf eine in den Sozialwissenschaften häufig diskutierte Typologie des schwedischen Kapitalismusforschers Gøsta Esping-Andersen zurück, die er vor Jahrzehnten in einem bahnbrechenden Buch über die „Drei Welten des Wohlfahrtskapitalismus“ entwickelte.[1] Darin unterscheidet er drei Typen des Wohlfahrtsstaatskapitalismus, den liberalen (Beispiel: USA), den konservativ-korporatistischen (Deutschland) und den sozialdemokratischen (Schweden).

»Blätter«-Ausgabe 3/2024

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