Ausgabe November 2024

Trump vor dem Comeback?

Wie das US-Wahlsystem die Tyrannei der Minderheit ermöglicht

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Marietta, Georgia, 15.10.2024 (Robin Rayne / IMAGO / ZUMA Press Wire)

Bild: Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Marietta, Georgia, 15.10.2024 (Robin Rayne / IMAGO / ZUMA Press Wire)

Alle Umfragen deuten darauf hin, dass bei der US-Präsidentschaftswahl am 5. November die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für Kamala Harris stimmen wird. Trotzdem könnte Donald Trump die Wahl gewinnen. Denn das Wahlsystem der USA ermöglicht einen solchen Sieg. Damit laufen die Vereinigten Staaten Gefahr, erneut eine Minderheitsregierung zu erhalten. Aber mehr noch: Ein Sieg Donald Trumps könnte den Weg zu einer dauerhaften Minderheitsherrschaft bahnen, in der eine Partei, die weniger Wählerstimmen als ihre Konkurrenten gewonnen hat, dennoch die Kontrolle über entscheidende Hebel der politischen Macht erhält.

All das ist keine ganz neue Entwicklung. Denn zum US-System haben stets auch Institutionen gehört, die Minderheiten auf Kosten von Mehrheiten bevorzugen. Aber erst im 21. Jahrhundert hat dieser „Gegenmajoritarismus“ ein Parteigesicht bekommen, das heißt, er verleiht in der nationalen Politik nun regelmäßig einer Partei einen Vorteil vor einer anderen. Die Gründerväter hatten nicht die Absicht, ein System der Minderheitsherrschaft zu schaffen; sie sahen nicht einmal die Entstehung von Parteien voraus. Sie stellten sich eine Welt vor, in der örtliche Eliten ohne Parteibindung als verantwortungsvolle Staatsmänner für das öffentliche Beste arbeiten.

»Blätter«-Ausgabe 11/2024

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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