
Bild: Luz: Zwei weibliche Halbakte. Cover: Reprodukt
Immer wieder heißt es: „Nehmen wir!“ Das expressionistische Gemälde „Zwei weibliche Halbakte“ von Otto Mueller, begonnen im Umland von Berlin im Jahr 1919, wechselt in den folgenden hundert Jahren einige Male den Besitzer, und das nicht immer rechtmäßig. 1937 wird es Teil der Wanderausstellung „Entartete Kunst“ und erst 1999 wird es an die Tochter seines rechtmäßigen Eigentümers, des jüdischen Anwalts und Sammlers moderner Kunst Ismar Littmann, offiziell restituiert. Heute hängt es im Kölner Museum Ludwig. Warum ein knapp zweihundert Seiten langer Comic über dieses Gemälde? Und was ist das Besondere daran?
Zunächst zum Besonderen: Der Comic zeichnet sich durch einen ästhetischen Kniff aus, der den Leser vor eine Herausforderung stellt. Er ist nämlich vollständig aus der Perspektive des entstehenden, dann an vielen verschiedenen Orten hängenden Gemäldes erzählt. Diese Orte und vor allem die Personen, die vor dem Bild zu sehen und zu „hören“ sind, machen aus den dargestellten Frauen „stille Zeuginnen“ der deutschen Geschichte, wie es im Klappentext treffend heißt. Das Buch wird ergänzt durch Kurzbiografien wichtiger Protagonisten, die sehr nützlich sind, gerade weil man sie nur durch die „subjektive Kamera“ des Bildes sieht, ausschnittweise und ohne Kontext. Ebenfalls hilfreich ist die Chronologie im Anhang.