Ausgabe Oktober 2015

Indonesien: Autokratie vs. Demokratie

Ein gutes Jahr ist es nun her, dass Indonesien haarscharf an seiner Rückkehr zur Autokratie vorbeigeschrammt ist. Nach dem knappen Sieg des studierten Forstwirts und ehemaligen Möbelhändlers Joko Widodo, genannt Jokowi, gegen den Exgeneral Prabowo Subianto schwappte eine Welle der Erleichterung durch die demokratisch und menschenrechtlich gesinnten Lager. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Jokowi ist zwar bereits Indonesiens siebter Präsident und der fünfte seit dem Rücktritt des Diktators Suharto im Jahr 1998, aber der erste, der nicht den alten militärischen Netzwerken entstammt.

Dabei stand sein Wahlsieg bis zum Ende auf Messers Schneide. In Zeiten ökonomischer Unsicherheit und wachsender Frustration über den zu vorsichtig und schwächlich regierenden Susilo Bambang Yudhoyono setzten viele ihre Hoffnungen auf den gut vernetzten Exgeneral und Schwiegersohn Suhartos. Hungrig nach einer harten Hand inmitten des Korruptionssumpfes, schien vor allem die jüngere städtische Generation bereit, ihm die Menschenrechtsverletzungen der Suharto-Ära zu verzeihen.

Mit dieser Sehnsucht nach autoritären Lösungen sind die Indonesier keineswegs allein: Indien wählte im selben Jahr Narendra Modi, dessen Vergangenheit noch umstrittener ist, zum neuen Premierminister. Ihn führte seine populistische und stark polarisierende Rhetorik an die Spitze.

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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