Ausgabe August 2018

Links, gerecht – und postmodern!

Bild: Public Domain

Seit der Wahl Donald Trumps steht die universitäre westliche Linke massiv in der Kritik, als postmodern identitätsbesessen und zugleich gerechtigkeitsvergessen. Dagegen argumentiert energisch der Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano.

Ähnlich wie bereits Mark Lilla hat nun auch Albrecht Koschorke die akademische Linke ins Visier genommen.[1] Glaubt man dem Literaturwissenschaftler, liegt sie normativ in Schutt und Asche. Insbesondere die durch den französischen Philosophen Jacques Derrida begründete Dekonstruktion habe die Selbstdemontage europäischer Denktraditionen auf die Spitze getrieben. Die dekonstruktive Infragestellung von Wahrheit, die mittlerweile an den europäischen Universitäten vorherrsche, habe den Weg zum „postfaktischen Zeitalter“ geebnet, in dem sich Ethnonationalisten und Rechtspopulisten mit „anarchistischer Zerstörungsfreude“ daran machten, die Abrissarbeiten der Postmoderne zu beenden. Stephen Bannons Formulierung, dass der amerikanische Staat „dekonstruiert“ gehöre, sei nur die Konsequenz einer linksalternativen Demokratie- und Ideologiekritik, die im Schatten der liberalen Ordnung gedeihen konnte, ohne sich darüber zu vergewissern, wie man die kritisierten Institutionen gegen Kritik von rechts verteidigen könne und auf welcher normativen Grundlage dies geschehen solle.

Scharfe Worte.

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Indoktrination und Militarismus

von Irina Rastorgujewa

Am Morgen des 24. März hängten unbekannte Aktivisten eine Schaufensterpuppe, die die antike römische Göttin Minerva darstellt, am Denkmal des Grafen Uwarow in der Nähe des Hauptgebäudes der Staatlichen Universität St. Petersburg auf. In der Hand der antiken Schutzherrin der Wissenschaften befand sich ein Zettel mit der Aufschrift „Die Wissenschaft ist tot“.

Scharfsinn und Bescheidenheit

von Oliver Eberl

Wer mit Ingeborg Maus sprechen wollte, wurde von ihr meist auf den Abend verwiesen: Bevorzugt nach 20 Uhr ließ sich die Professorin für „Politologie mit dem Schwerpunkt politische Theorie und Ideengeschichte“ an der Frankfurter Goethe-Universität anrufen und klärte dann geduldig und stets zugewandt organisatorische und akademische Fragen, oftmals bis weit in die Nacht. Natürlich musste man erst einmal durchkommen, denn es waren viele, die etwas mit ihr besprechen wollten.

Mannigfaltigkeit statt Homogenität

von Leander Scholz

Auch wenn Begriffe wie Biodiversität oder diversity management erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts geprägt wurden und seitdem den politischen Diskurs zur biologischen und sozialen Diversität bis in unsere Gegenwart hinein dominieren, verweist deren Vorgeschichte weit zurück bis ins 18. Jahrhundert – und sie ist unmittelbar mit einem revolutionären Ereignis verbunden.