Ausgabe November 2019

Prinzip Ignoranz: Klimaschutz à la GroKo

Der 20. September 2019 hätte als klimapolitische Zäsur in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen können. Auf einer nächtlichen Sitzung hatte die Bundesregierung bis in den Vormittag hinein um ihr Klimapaket gerungen. Deutschland, so die vielfach geäußerte Erwartung, würde damit einen bedeutenden Beitrag im Kampf gegen die weitere Erhitzung des Planeten leisten. Aber als am frühen Nachmittag das Klimakabinett im Berliner Futurium zusammenkam, lösten sich diese Hoffnungen in Luft auf. Im schwarz vertäfelten Neubau neben dem Hauptbahnhof lobten sich die Bundeskanzlerin und ihre Minister zwar erst einmal lange selbst: „Wenn mich etwas beeindruckt – das sage ich jetzt als Naturwissenschaftlerin – dann ist es das, was Greta Thunberg sagt: Unite behind the Science“, erklärte Angela Merkel. Doch von der Dringlichkeit einer Greta Thunberg ist im Klimaprogramm für 2030, das die Regierung dann präsentierte, kaum etwas zu spüren. Im Gegenteil: Die beschlossenen Eckpunkte für den deutschen Klimaschutz sind mutlos und markieren nicht weniger als ein totales Politikversagen.

Zur gleichen Stunde gingen in ganz Deutschland beim Aktionstag von Fridays for Future weit über eine Million Menschen auf die Straße, weltweit wurde an diesem Tag für mehr Klimaschutz demonstriert. „Jetzt gibt es kein Zurück mehr“, heißt es von vielen, die erstmals spüren, Teil einer Massenbewegung zu sein. Sie fühlen sich stark.

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Hochseeschutz: Hoffnung für das Lebenselixier des Planeten?

von Julia Lauter

Weit draußen vor unseren Küsten liegt eine weitgehend ignorierte Weltregion, an der das Überleben der Menschheit hängt: die Hohe See. Sie bedeckt zwei Drittel der Erdoberfläche, in ihr leben rund 80 Prozent aller Tierarten, sie reguliert das globale Klima und bindet ein Drittel des vom Menschen verursachten CO2.