Ausgabe September 1990

Der Besetzung Kuwaits ein Ende machen.

Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 6. August 1990 (Wortlaut)

Am 2. Juli 1990 besetzten irakische Truppen den Nachbarstaat Kuwait. Am 8. Juli gab der irakische Revolutionsrat die Bildung einer Union mit Kuwait bekannt, womit man einem Ersuchen der "Übergangsregierung des freien Kuwait" entsprochen habe. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte am 2. Juli 1990 die Invasion und forderte den sofortigen und bedingungslosen Rückzug der irakischen Truppen aus Kuwait (Resolution 660/1990). In einer weiteren Resolution vom 6. Juli (661/1990) verhängte der Sicherheitsrat ein umfassendes Wirtschaftsembargo gegen Irak. Für die Resolution, die wir unten dokumentieren, stimmten dreizehn der fünfzehn Ratsmitglieder; Kuba und Jemen enthielten sich der Stimme. Die Außenminister der USA und der Sowjetunion hatten bei einem Treffen am 1. und 2. August 1990 in Irkutsk unter anderem über regionale Konflikte gesprochen. Angesichts der Entwicklung in der Golfregion trafen beide am 3. August in Moskau nochmals zusammen. Die dort erarbeitete gemeinsame Erklärung zur Besetzung Kuwaits dokumetieren wir nachstehend. D. Red.

Amerikanisch-sowjetische Erklärung zum Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait vom 3. August 1990 (Wortlaut)

Die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten als Mitglieder des UN-Sicherheitsrates halten es für wichtig, daß der Sicherheitsrat den brutalen und unrechtmäßigen Einmarsch von Streitkräften Iraks in Kuwait unverzüglich und entschieden verurteilt.

Die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion glauben, daß es jetzt von grundlegender Bedeutung ist, die Resolution des Sicherheitsrates vollständig und unverzüglich zu verwirklichen. Die Aktion Iraks widerspricht den grundlegenden Prinzipien der UN-Charta und des Völkerrechts. Als Antwort auf die klare Verletzung der grundlegenden Normen zivilisierten Verhaltens haben die USA und die UdSSR jeder für sich eine Reihe von Maßnahmen unternommen.

Die Sowjetunion hat insbesondere die Waffenlieferungen eingestellt, die Vereinigten Staaten haben die Bankguthaben eingefroren. Die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten bekräftigen ihren Appell an Irak, bedingungslos seine Truppen aus Kuwait abzuziehen. Die Souveränität, nationale Unabhängigkeit, die Gesetzesordnung und territoriale Integrität des kuwaitischen Staates müssen vollständig wiederhergestellt und gesichert werden.

Die USA und die Sowjetunion glauben, daß die Weltgemeinschaft die Aktion nicht nur verurteilen, sondern als Antwort darauf praktische Schritte unternehmen sollte. Wir haben den ungewöhnlichen Schritt getan, gemeinsam die ganze internationale Gemeinschaft aufzurufen, sich uns anzuschließen und weltweit alle Waffenlieferungen an Irak einzustellen.

Die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten appellieren an regionale Organisationen, vor allem an die Arabische Liga, an die arabischen Staaten, aber auch an die Bewegung der Nichtpaktgebundenen und die Organisation der Islamischen Konferenz, alle nur möglichen Schritte zu unternehmen, um die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu verwirklichen.

Die Regierungen, die zum empörenden Mittel der Aggression greifen, sollten wissen, daß die internationale Gemeinschaft sich nicht mit der Aggression abfinden kann und wird und diese auch nicht unterstützt.

 

"Der Besetzung Kuwaits ein Ende machen." Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 6. August 1990 (Wortlaut)

Der Sicherheitsrat - Unter nochmaliger Bestätigung der Resolution 660 (1990),

- In großer Sorge darüber, daß diese Resolution nicht befolgt worden ist und die Invasion Kuwaits durch den Irak mit weiteren Verlusten an Menschenleben und materieller Zerstörung andauert,

- Entschlossen, der Invasion und Besetzung Kuwaits durch den Irak ein Ende zu machen und die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität Kuwaits wiederherzustellen,

- In Kenntnis der Tatsache, daß die legitime Regierung Kuwaits ihre Bereitschaft erklärt hat, die Resolution 660 (1990) zu erfüllen,

- Eingedenk seiner aus der Charta resultierenden Verantwortung für die Erhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit,

- Unter Bekräftigung des originären Rechtes zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung in Übereinstimmung mit Artikel 51 der Charta als Antwort auf den bewaffneten Angriff des Irak auf Kuwait,

- Gemäß Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen

1. Stellt fest, daß der Irak den rechtswirksamen Paragraphen 2 der Resolution 660 (1990) bisher nicht erfüllt und die Amtsgewalt der legitimen Regierung Kuwaits usurpiert hat;

2. Beschließt daher die folgenden Maßnahmen, um zu gewährleisten, daß der Irak den rechtskräftigen Paragraphen 2 erfüllt, und um die Amtsgewalt der legitimen Regierung Kuwaits wiederherzustellen;

3. Verfügt, daß alle Staaten verhindern sollen: a) Den Import aller Rohstoffe und Produkte aus dem Irak oder Kuwait, in ihre Staatsgebiete, die nach dem Datum dieser Resolution von dort exportiert wurden; b) Jegliche Aktivitäten ihrer Staatsangehörigen oder auf ihren Staatsgebieten, die den Export oder die Weiterleitung von Rohstoffen oder Fertigwaren aus dem Irak und Kuwait fördern oder eine solche Förderung zum Zweck haben, sowie sämtliche Geschäfte ihrer Staatsangehörigen oder von Schiffen ihrer Flagge oder auf ihren Staatsgebieten, die alle nach dem Datum dieser Resolution aus dem Irak und Kuwait exportierten Rohstoffe oder Fertigwaren aus diesen beiden Ländern betreffen, insbesondere jeglichen Transfer von Geld an den Irak oder Kuwait zum Zwecke solcher Aktivitäten oder Geschäfte; c) Den Verkauf oder die Lieferung durch ihre Staatsangehörigen oder von ihren Staatsgebieten aus oder mit Schiffen unter ihrer Flagge von jeglichen Rohstoffen oder Fertigwaren, einschließlich Waffen oder anderer militärischer Ausrüstungen unabhängig davon, ob diese aus ihren Staatsgebieten stammen, mit Ausnahme von Lieferungen für rein medizinische Zwecke sowie, unter bestimmten humanitären Umständen, für Nahrungsmittel, an Personen oder Körperschaften in Irak oder Kuwait oder an Personen oder Körperschaften zum Zwecke von Geschäften, die in Irak oder Kuwait getätigt oder von dort aus geleitet werden, sowie andere Aktivitäten ihrer Staatsbürger, die den Verkauf oder die Lieferung von Rohstoffen oder Fertigwaren fördern oder fördern sollen;

4. Beschließt, daß kein Staat der Regierung des Irak oder im Irak oder in Kuwait tätigen Handels-, Industrie- oder Versorgungsbetrieben Geld oder sonstige finanziellen oder wirtschaftlichen Mittel zur Verfügung stellen soll und alle Staaten ihre Staatsbürger oder Personen auf ihrem Territorium daran hindern soll, durch Verlegung von ihren Territorien oder auf andere Weise der Regierung (des Irak) oder solchen Unternehmen Geldmittel oder sonstige Mittel zugänglich zu machen oder andere Mittel an Personen oder Körperschaften in Irak oder Kuwait abzutreten, mit Ausnahme von Zahlungen für rein medizinische oder humanitäre Zwecke und, unter besonderen humanitären Umständen, für Nahrungsmittel;

5. Ruft alle Staaten einschließlich der Nichtmitglieder der Vereinten Nationen auf, in strenger Übereinstimmung gemäß den Bestimmungen dieser Resolution zu handeln, ungeachtet aller vor dem Datum dieser Resolution eingegangenen Verträge und erteilten Genehmigungen;

6. Beschließt, in Übereinstimmung mit Nr. 28 der provisorischen Geschäftsordnung des Sicherheitsrates, eine Kommission einzurichten, die aus allen Mitgliedern des Rates besteht und die folgenden Aufgaben übernehmen und dem Rat über ihre Arbeit berichten soll; a) Die vom Generalsekretär vorzulegenden Berichte über den Fortschritt der Anwendung dieser Resolution zu untersuchen, b) Alle Staaten um weitere Informationen über die von ihnen ergriffenen Maßnahmen zur wirksamen Anwendung der Resolution zu ersuchen;

7. Ruft alle Staaten auf, mit der Kommission bei der Erfüllung ihrer Aufgabe gut zusammenzuarbeiten und Informationen zu erteilen, die von der Kommission zur Durchführung dieser Resolution erbeten werden;

8. Fordert den Generalsekretär auf, der Kommission alle notwendige Unterstützung zukommen zu lassen und im Sekretariat die dafür erforderlichen Vorkehrungen zu treffen;

9. Beschließt, daß ungeachtet der Paragraphen 4 bis 8 nichts in dieser Resolution verbieten soll, die legitime Regierung Kuwaits zu unterstützen, und ruft alle Staaten auf: a) Angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Vermögenswerte der legitimen Regierung Kuwaits und ihrer Behörden zu schützen und b) Kein von der Besatzungsmacht eingesetztes Regime anzuerkennen;

10. Fordert den Generalsekretär auf, ihm über den Fortschritt bei der Anwendung dieser Resolution zu berichten, wobei der erste Bericht innerhalb von 30 Tagen vorzulegen ist;

11. Beschließt er, diese Frage weiter zu verfolgen und seine Bemühungen fortzusetzen, die Invasion durch den Irak bald zu beenden.

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