Ausgabe Dezember 1991

Alternativen zum hilflosen Antirassismus

I

Die neofaschistischen Erscheinungen in den östlichen Teilen Deutschlands sind in ihrer Genese keineswegs - wie früher von der DDR offiziell behauptet - ein "Überschwappeffekt", sondern durchaus DDR-spezifisch. Es handelt sich dabei, wie der kurz vor der Wende fertiggestellte Film "Unsere Kinder" von Roland Steiner unmittelbar deutlich werden läßt, um bestimmte Ausdrucksformen der Rebellion von Jugendlichen gegen die Gängelung und Diskriminierung jedes irgendwie eigenständigen Verhaltens. Die SED-Führung versuchte, die neofaschistischen Tendenzen, die mit Beginn der 80er Jahre auch in der DDR in zunehmendem Maße hervortraten, zu leugnen bzw. als Fehlverhalten einzelner Jugendlicher abzutun, die sich gegenüber den Einflüssen aus dem kapitalistischen Ausland als zu wenig resistent erwiesen hätten. Diese Jugendlichen wurden dann durch entsprechende Kontroll- oder Strafmaßnahmen diszipliniert.

Die Normabweichung wurde kriminalisiert, ohne daß die Norm, von der abgewichen wurde, auch nur ansatzweise in Frage gestellt wurde.

Dezember 1991

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