Kurt H. Biedenkopf, konservativer Vordenker und Ministerpräsident
Mit seinen Prognosen über den anhaltenden Finanzbedarf der ostdeutschen Bundesländer, die das - neuerliche - Bonner Versprechen eines "einmaligen Kraftaktes" Lügen strafen, ist der sächsische Ministerpräsident Kurt H. Biedenkopf wieder einmal in die Schlagzeilen geraten. Sein Bonner Institut für Wirtschaft und Gesellschaft (Leitung: Meinhard Miegel) bezifferte den Bedarf an öffentlichen und privaten Transfers für 1992 auf 170 Milliarden Mark. Ein erheblicher Verhandlungsbedarf zwischen Bund und Ländern wird die Folge sein, eine "gespaltene Wirtschaftspolitik" zwischen Ost und West die mittelfristige Konsequenz. - Biedenkopf steht für eine realistische Sicht der Dinge, seine konzeptionellen Überlegungen, die oft genug quer zu seinen Parteibindungen liegen, weisen über die Tageserfordernisse hinaus. Sein letztes Buch "Zeitsignale" (1989) plädierte für einen Abschied vom Wachstumszwang zugunsten einer ökologischen Marktwirtschaft. - Sachsen könnte das Laboratorium eines solchen Zukunftsentwurfs werden oder nagt die wirtschaftliche Not doch schon wieder an der ökologischen Tugend? Dann freilich wären die Konzepte das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden. Es geht um nichts geringeres als um den - ausstehenden - Nachweis, daß ökologisch verantwortliches Wirtschaften auch unter Schlechtwetterbedingungen möglich ist.