Ausgabe Oktober 1991

Neue Bedrohungen aus dem Osten?

Die NATO in der veränderten Mächtekonstellation

Himmelhoch jauchzend über das Ende des Putsches, zu Tode betrübt über den Zerfall der Sowjetunion - so die durchgängige Stimmungslage. Die Warnungen vor einer "Osmanisierung", Libanisierung" oder "Balkanisierung" mit einer "vollkommen zusammenbrechenden Ökonomie, der Bildung einer Gruppe schwacher, instabiler, rückwärtsgewandt-autoritärer, doch in der Regel gut bewaffneter staatlicher Einheiten mit permanent sich ändernden und immer in Frage gestellten Grenzen" 1) scheinen sich nun zu bewahrheiten. Derartige Katastrophenszenarien finden bei Konservativen und Linken gleichermaßen Widerhall.

Schlägt der Nationalismus auf jene zurück, die sich vorzeitig den Sieg im Systemwettbewerb beurkundet hatten? Wird den desillusionierten Linken wenigstens die zynische Genugtuung zuteil, daß der Abschied vom realen Sozialismus seinen Preis hat? Aktuell werden destabilisierende Wirkungen vornehmlich erwartet aus der Desintegration des Wirtschaftsraumes, aus dem möglichen Aufflammen von Nationalitätenkonflikten, der Renationalisierung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit Gefährdungen für die Rüstungskontrolle und aus der ungeklärten Kontrolle über die sowjetische Militärmacht, insbesondere über die Atomwaffen.

Oktober 1991

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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