Die NATO in der veränderten Mächtekonstellation
Himmelhoch jauchzend über das Ende des Putsches, zu Tode betrübt über den Zerfall der Sowjetunion - so die durchgängige Stimmungslage. Die Warnungen vor einer "Osmanisierung", Libanisierung" oder "Balkanisierung" mit einer "vollkommen zusammenbrechenden Ökonomie, der Bildung einer Gruppe schwacher, instabiler, rückwärtsgewandt-autoritärer, doch in der Regel gut bewaffneter staatlicher Einheiten mit permanent sich ändernden und immer in Frage gestellten Grenzen" 1) scheinen sich nun zu bewahrheiten. Derartige Katastrophenszenarien finden bei Konservativen und Linken gleichermaßen Widerhall.
Schlägt der Nationalismus auf jene zurück, die sich vorzeitig den Sieg im Systemwettbewerb beurkundet hatten? Wird den desillusionierten Linken wenigstens die zynische Genugtuung zuteil, daß der Abschied vom realen Sozialismus seinen Preis hat? Aktuell werden destabilisierende Wirkungen vornehmlich erwartet aus der Desintegration des Wirtschaftsraumes, aus dem möglichen Aufflammen von Nationalitätenkonflikten, der Renationalisierung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit Gefährdungen für die Rüstungskontrolle und aus der ungeklärten Kontrolle über die sowjetische Militärmacht, insbesondere über die Atomwaffen.