Ausgabe August 1992

Ökologie mit System

Über Niklas Luhmanns Ökologische Kommunikation

I

Er müsse als Präsident auch an die amerikanischen Arbeitsplätze denken, und überhaupt werde zu viel von Ökologie und Umwelt geredet. Das ließ George Bush verlauten, als er, wegen häuslicher Wahlkampfsorgen, die Umweltauflagen für die US-Industrie lockerte und sich weigerte, in Rio irgend ein substantielles Abkommen zu unterzeichnen, während gleichzeitig alle Welt den Umweltgipfel dazu nutzte, sich medienwirksam und öffentlich gleichermaßen besorgt und engagiert zu zeigen in Sachen Umwelt. Nach dem Gipfel setzt es dann euphorische oder ironische Kommentare, in Deutschland werden die Sicherheitsanforderungen für AKWs reduziert, die Firma Merck kauft die Verfügung über den Genpool der Wälder Costa Ricas (der reichsten der Welt) und gibt im Gegenzug Mittel für die Erhaltung dieser Wälder. Das wird von Umweltgruppen teils als Modell begrüßt (was man ausbeuten will, das schützt man auch), teils als endgültiger Ausverkauf der Umwelt an Kapitalinteressen attackiert. In diesem kleinen Szenario steckt alles, was man braucht, um Niklas Luhmanns "Ökologische Kommunikation" zu verstehen. Der sagt nämlich: Nicht die Ökologie ist das Problem, sondern die gesellschaftliche Kommunikation darüber.

August 1992

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Klasse statt Identität

von Lea Ypi

Die Aufklärung wird heutzutage oft geschmäht, sowohl von rechts als auch von links. Von der Rechten, weil kritisches Reflektieren, der Mut, sich seines Verstandes zu bedienen (Kant), schon immer eine Bedrohung für die passive Unterwerfung gegenüber Autorität bedeutet hat, die für die Normalisierung von Ausgrenzungen erforderlich ist.

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.

Aliens unter uns?

von Ferdinand Muggenthaler

Es war ein dramatischer Appell an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Donald Trump, der Ende März in der „New York Times“ erschien. Es ging dabei jedoch nicht um die Klimakrise oder eine Friedenslösung für die Ukraine. Stattdessen forderte der Kommentator Thomas L. Friedman die beiden mächtigen Männer auf, die Künstliche Intelligenz einzuhegen.

Spanien: Das Land der armen Mieter

von Julia Macher

Es gibt nicht viele Themen, die in ganz Spanien Menschen auf die Straße bringen. Landesweite Demonstrationen prägen in der Regel den Weltfrauentag am 8. März, ansonsten vereint wenig das heterogene und politisch hochpolarisierte Land. Eine Ausnahme bildet das Thema Wohnraum.