Ausgabe Februar 1992

Ein Prophet des Friedens

Martin Niemöller zum 100. Geburtstag

"Vormittags an der Preface zu Niemöllers Predigten. Mittags zum N.B.C. Lesung der deutschen Sendung. Ärger über zweimaliges Versprechen. Nach dem Lunch die 'Nation' gelesen." Die Notizen Thomas Manns, formuliert in Pacific Palisades, am 29. Juli 1941, klingen nüchtern, fast beiläufig. Ein Allerweltsgeschäft ist zu leisten und, nach verläßlichem Studium der Texte, in einer Wochenhälfte zu beenden: "Vormittags an der Einleitung zu den Predigten", "vormittags die Einleitung zu den Predigten abgeschlossen", und dann, der Leser spürt das Aufatmen: "Vormittags wieder am Joseph." Das für drei Tage, mit einem raschen Blick von Kalifornien ins ferne Deutschland, unterbrochene Hauptgeschäft nimmt seinen Fortgang. Eine Pflichtübung also, das rasche Exerzitium eines Moralisten, der weiß, was die "Forderung des Tages" gebietet? Keineswegs.

Der Duktus des knappen Essays, der im gleichen Jahr, anno 1941, als Einleitung zu "Martin Niemöller - God is my Führer.

Februar 1992

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