Ausgabe Mai 1992

Die unbekannte Großmacht

Die Staatwerdung der Ukraine im Streit mit Rußland

Entstehende Nationalstaaten streben zuallererst nach Sicherung des äußeren und inneren Machtmonopols, sofern nicht stärkere Mächte sie daran hindern. Die Ukraine bietet dafür geradezu klassischen Anschauungsunterricht. Leonid Krawtschuk erhob schon als Präsidentschaftskandidat die "djerschawnost", die Staatsmächtigkeit der Ukraine, zur obersten Maxime seiner Politik 1). Als vordringlich gilt es, eine eigene Armee mit allen Waffengattungen zu schaffen. Im Zwist um die Teilung des Sowjeterbes werden die militärische Rangordnung und der ökonomische Status vorentschieden. Beliebt ist in der Ukraine der Vergleich der eigenen internationalen Rolle mit der Frankreichs, vorläufig allerdings mit einer gravierenden Eigenheit: die Ukraine strebt "Neutralität" und "Atomwaffenfreiheit" an.

Ökonomischer Strukturwandel, ökologische Vorsorge und Entsorgung, soziale Wohlfahrt, technologische Innovationsfähügkeit, europäische Integration - die gegenwärtig hervorstechendsten Themen ukrainischer Staatspolitik sind dies nicht. Im Unterschied zu den baltischen Staaten hat die Ukraine nicht den Abzug der Sowjettruppen gefordert, sondern sie nationalisiert. Um die Atomwaffen, die Schwarzmeerflotte sowie die "strategischen" Streitkräfte wird seither mit Rußland gestritten.

Mai 1992

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema