Über die Zukunftstauglichkeit des Projekts Maastricht
Immer noch herrscht allenthalben Verwirrung, und das, obwohl der Gegenstand, auf den sie sich bezieht, doch nun seit mehr als zweieinhalb Jahren, gedruckt in allen Amtssprachen der EG, vorliegt. Was den einen als "historische Chance für Deutschland" erscheint (SPD 1993), erklären die anderen zur politischen Totgeburt. Folgerichtig bewerten sie dann das Plazet aus Karlsruhe nur noch als "Balsam für eine Leiche" ("Der Spiegel", 42/1993). Dabei kann niemand behaupten, hier sei lediglich deutsche Begriffsstutzigkeit am Werk. Egal ob wir nach London oder Paris oder in eine Hauptstadt der übrigen Mitgliedsländer blicken, hinter der glänzenden Fassade des einhelligen Ratifizierungsvotums ist der Streit um die "Europäische Union" (Vertrag von Maastricht) nirgends wirklich ausgestanden. Den Verfassern und "Hohen Vertragsparteien" dieses Abkommens, das sich seit dem 1. November 1993 anschickt, zur Magna Charta des Vereinigungsprozesses von 340 Millionen Europäern zu werden, ist der Vorwurf nicht zu ersparen, selbst ein gerüttelt Maß Schuld an der beschriebenen Verwirrung zu tragen. Das Vertragswerk muß in seiner ausformulierten Gestalt zu den Negativ-Beispielen in Sachen Transparenz und Verständlichkeit in der internationalen Politik gerechnet werden.
Noch immer entzünden sich Dispute darüber, was Maastricht wirklich ausmache.